top of page

Audi Typ 85 Urquattro. Ein seltenes Fundstück?

''1980...Porsche baut die schnellsten, Mercedes die edelsten, BMW die sportlichsten und der Rest die erschwinglichsten!''

So schrieb es Jörg Wigand in seinem Artikel in der Auto Bild im Jahr 1991.

Und wozu zählte Audi in dieser Zeit der Automobilgeschichte? Auf jeden Fall auf dem Weg, die Überholspur für sich zu beanspruchen.

Grund dafür: Ferdinand Piech! Dieser setzte sich in den 80er Jahren das ehrgeizige Ziel, Vorreiter in Sachen Technologie und Performance zu werden.

Doch wie sollte man diese hochgesteckten Ziele überhaupt erreichen? Viel Spielraum für bahnbrechende Erfindungen scheint es nicht zu geben. Dies glaubten zumindest alle anderen Hersteller. Der allseits bekannte Front-und Heckantrieb schien für viele das NonPlus Ultra zu sein. Niemand dachte daran, dass es vielleicht auch noch eine dritte Art, das Fahrzeug anzutreiben, geben könnte, welches das Fahrzeug auf die Erfolgsspur lenken könnte.

Doch, wie oben bereits erwähnt, entwickelte Audi in den 80er Jahren in alle Richtungen. Doch in eine sehr speziell. In die des Allradantriebes. Bei Audi auch ''Quattro'' genannt. Der ehemalige Porsche-Chef Piech setzte mit diesem Antriebskonzept alles auf eine Karte... und er gewann. Von Rallye-Weltmeisterschaftenbis hin zu steigenden Verkaufszahlen.

Doch wie kam die Firma Audi auf die Idee, alles auf die Allradtechnik zu setzen?

Urquattro mit Bundeswehr Iltis im Schnee
Quelle: Audi AG Bild: A202684

Den Ursprung des Quattros, so sagt man in einer der vielen Geschichten um die Entstehung des Quattro-Antriebes, kann man in Finnland finden. Dort war in den 70er Jahren ein Mann names Jörg Bensinger, zu Tests eines neuen Fahrzeugs für die Bundeswehr unterwegs. Der Name des Fahrzeugs: Iltis. Im Staatsauftrag von Audi konzipiert und gefertigt, fuhr der damalige Leiter der Abteilung ''Fahrversuche''alle anderen Fahrzeuge des Audi-Konzerns in Grund und Boden. Dank dem Allradantrieb.

Mit diesen Eindrücken und der Überzeugung: ''Allrad und genügend Leistung, fertig ist der perfekte Sportwagen!'', fuhr Bensinger wieder zurück nach Deutschland und fand dort tatsächlich Kollegen, die der gleichen Überzeugung waren und ihn in seinem Vorhaben bekräftigten. Die Rede ist von Walter Treser und Dr. Karl Bauer...

Die nächste Aufgabe war es, Ferdinand Piech zu überzeugen. Mit der Idee im Gepäck versuchten die drei, Piech zu überzeugen. Dies sollte kein Problem darstellen,da dieser sehr Technikbegeistert war und für bahnbrechende Ideen stets offen war. Gesagt,getan... So entstand die erste Audi 80 Limousine mit Allradantrieb und aufgeladenen 160 PS mit der internen Entwicklungsnummer A1.

Urquattro Rallye mit Zuschauern
Quelle: Audi AG Bild: A153007

Nach weiteren Jahren voller Entwicklungsarbeit und technologischen Fortschritten feierte man das Debüt auf der Rallye Monte Carlo im Jahr 1981. Ein erfolgreicher, aber auch ein niederschmetternder Tag für das debütierende Rallye-Team. Nach einer brillianten Anfangsphase mit über 6 Minuten Vorsprung setzte der damalige Pilot, Hannu Mikkola, den Audi leider gegen eine Brückenmauer. Nach dieser Aktion häuften sich die Probleme am allradangetriebenen Audi, sodass er wenig später das Fahrzeug abstellen musste.

Doch es gab sehr viel positives für das ''Audi-Sport'' Team zu verzeichnen. Die Presse und die Zuschauer feierten den ersten Einsatz bei der Monte Carlo und alle anderen Fahrzeughersteller fühlten sich herausgefordert. Mit jedem ''Quattro-Sieg'', wie es in der Presse damals beschrieben wird, stieg das Image des Konzerns weiter nach oben.

Quattro Logo in Seitenscheibe Typ 85

Soviel sei erst einmal zur Motorsportgeschichte erzählt. Doch warum erwähne ich diese überhaupt?

Ganz einfach! Die Motorsportgene sind definitiv in jedem ''Urquattro'' zu spüren. So wurde der allradangetriebene Audi im Jahr 1980 auf dem Genfer Autosalon vorgestellt.

Ein Jahr vor dem Debüt auf der Rallye Monte Carlo. Die Auslieferung verzögerte sich damals, aus dem Grund, dass es noch technische Arbeiten am Fahrzeug gab. Letztendlich lieferte man Anfang 1981 die ersten Modelle an die Kunden aus. Der Moment der Wahrheit war gekommen! Die Kunden, die sich einen Quattro kauften, mussten in der damaligen Zeit sehr interessiert an der Technik des Urquattro sein. Denn ein vergleichbares Fahrzeug in der Preisklasse war der Porsche 911 SC!

Die Leute, die sich für den Audi entschieden, konnten mit einer sehr guten Performance rechnen. Die Leute waren begeistert, die Verkaufszahlen des Urquattro und der darauffolgenden Modelle sprangen nach oben. Das Risiko, welches die Herren Bensinger, Treser, Bauer und Piech eingingen, zahlte sich somit auf ganzer Linie aus. Auch heute im Jahr 2023 spricht man noch über die Geschichten,die die Fahrzeuge erlebt haben. Von Scheunenfunden, welche über Jahre vergessen wurden, bis hin zum pinibel

gepflegten Neuaufbau findet man weltweit noch viele Liebhaber und die verschiedensten Modelle.

Typ 85 Audi Urquattro Seitenansicht

Ich war auf der Suche nach genau solch einer Geschichte, wie sie mir Jörg aus Zschopau bei unserem Shooting erzählte. Eins sei vorweg gesagt: Es gab Höhen und es gab Tiefen.

Doch wie man sieht, hat Jörg nie aufgegeben und sich den Traum vom eigenen ''Urquattro'' erfüllt. Doch es sollte ein schwerer Anfang werden...

Typ 85 Audi Urquattro Seitenansicht vor Fachwerkhaus

Im Jahr 2010, also 30 Jahre nachdem Audi den Urquattro vorstellte, kaufte sich Jörg einen Typ 85 mit dem serienmäßigen 10V 5 Zylinder Turbomotor. Nach einer langen und erfolglosen Suche sollte der Audi-Enthusiast im Ausland fündig werden. Begeistert durch den Kult, der rund um die Rallye-Geschichte des legendären Quattros entstand, ging es für Jörg nach Österreich. Ein seltenes Fundstück? Man kann es sehen, wie man will. Das ürsprünglich aus Italien stammende Fahrzeug, war jahrelang abgemeldet und wurde nicht gerade sorgsam behandelt. Von Kratzern in der Karosserie, bis hin zu Beulen in der Motorhaube, hatte der Urquattro alles zu bieten, was man als Liebhaber nicht gerade gern sehen möchte. ''Solange es nur oberflächliche Schäden sind,lässt sich das locker wieder instandsetzen!'', dachte sich Jörg. Also ging es für den sogenannten ''Scheunenfund'' ins beschauliche Zschopau in Sachsen. Kaum beim neuen Besitzer angekommen, wurde das Coupe sofort in seine Einzelteile zerlegt, um zu sehen, ob es irgendwelche bösen Überraschungen verbirgt.

Und wie sollte es auch anders sein...es gab Überraschungen. Zum Leidwesen von Jörg, waren es keine guten...

Typ 85 Audi Urquattro Seitenansicht vor Fachwerkhaus

Der zerlegte Audi offenbarte etwas, was man eigentlich als ''Worst-Case''-Szenario bezeichnen kann. Angefangen mit einem schweren Frontschaden, der nur mit sehr großem Aufwand

instandgesetzt hätte werden können, bis hin zu einem teilweise durchrosteten Unterboden. Beim weiteren Betrachten fiel ihm auch auf, dass nicht nur die Front einen Treffer bekommen hatte, sondern auch die hintere rechte Seite komplett verformt war.

Auch da handelte es sich um einen starken Seitenschaden. Doch wieso sagte der Händler, von dem Jörg das Fahrzeug kaufte, nichts beim Verkauf? Nachdem etwas Zeit vergangen war, stellte sich heraus, dass der Händler aus Österreich bekannt dafür war,solche krummen Geschäfte zu machen. So hatte sich das Jörg definitiv nicht vorgestellt. Wie macht man da weiter?

Typ 85 Audi Urquattro Seitenansicht vor Fachwerkhaus

Eine Enttäuschung jagte die nächste und man könnte denken, dass man den Elan bei solchen Entdeckungen, verlieren könnte. Doch nicht in diesem Fall. Jörg verkaufte, natürlich mit einem enormen Verlust, die in Mitleidenschaft gezogene Karosse weiter und behielt alle Teile,

die er für einen weiteren Neuaufbau benötigen könnte.

Typ 85 Audi Urquattro Seitenansicht vor Augustusburg

Und so stand er eigentlich wieder bei 0%. Doch was wäre ein wahrer Audi-Enthusiast, wenn er nicht weiter die Augen und Ohren offen behält? Das sollte letztendlich auch belohnt werden. Durch verschiedene Kontakte und ein paar Recherchen erfuhr Jörg von einem weiteren Urquattro. Das Fahrzeug sollte schon eine Weile in einer Garage stehen und einen 10V Motor besitzen. Klang erst einmal nicht schlecht. Als Jörg das gute Stück begutachtete, stellte er fest, dass der Urqauttro ohne Stoßstangen und und ohne Kotflügel war.

Typ 85 Audi Urquattro Seitenansicht vor Augustusburg

Doch in weiser Vorraussicht hatte er sich ja schon einen ''kleinen'' Ersatzteil-Vorrat angelegt. Ohne lange hin und her zu denken, kaufte Jörg den Audi und hoffte im Hinterkopf, dass ihn keine weiteren üblen Überraschungen erwarten.

Typ 85 Audi Urquattro Seitenansicht vor Augustusburg

Nachdem der Quattro in seine Einzelteile zerlegt war, war sich Jörg sicher: ''Hier lohnt es sich noch weiter Hand anzulegen!'', denn die Grundsubstanz war perfekt für den Wiederaufbau!

Was lange währt, wird gut, so sagt man ja. Bei der Recherche zur Geschichte des 10V Turbo kam eine weitere seltsame Geschichte ans Tageslicht. Der Fahrzeugbrief beginnt am 14.07.89. 2 Tage später sollte der Besitzer das Fahrzeug auch schon wieder abgeben! Doch warum denn das? Es klingt eigentlich absurd...

Der Interessent soll den Quattro angeblich am Telefon gekauft haben. Soweit erst einmal nichts Schlimmes. Doch als es zur Übergabe des Wagens kam, fiel dem Käufer auf, dass der Urquattro mit einem Digitaltacho ausgestattet war. Das war für ihn ein absolutes No-Go. Also gab er den Audi kurzerhand wieder an den Händler zurück. Somit war das Fahrzeug wieder auf dem freien Markt erhältlich.

Typ 85 Audi Urquattro Digitaltacho

Nach dem Käufer, der das Fahrzeug ganze 2 Tage besaß, folgten noch weitere Besitzer. Bis der Urquattro im Jahr 1999 mit einem kleinen Heckschaden abgemeldet werden sollte.

Einmal in Jörg's Händen war schnell klar, was mit dem Wagen passieren soll. Kein originalgetreuer Wiederaufbau, sondern ein Aufbau, wie es dem neuen Besitzer gefiel. Das Fahrzeug wies keine Historie auf, und war auch nicht komplett vollständig. Deswegen hieß der Plan: Das äußere Lackkleid und der Innenraum sollten original bleiben! Den Rest gestaltete sich Jörg so, wie es ihm gefiel!

Typ 85 Audi Urquattro Kombiinstrument

So kann man auf den ersten Blick erkennen, dass er natürlich die Felgen und das Fahrwerk getauscht hat. Doch kommen wir erst einmal zur Karosserie! Mit den Karosserieteilen, die er von seinem ersten Urquattro retten konnte, komplettierte er den ''neuen'' Urquattro. Dabei wurde das Heckblech instandgesetzt und das Fahrzeug gegen Korrosion geschützt. Erstaunlicherweise gab es am Urquattro keinen Rost, als er zerlegt wurde. Eine perfekte Grundlage, um dem Coupe eine neue Außenlackierung zu spendieren! Und wie eben schon erwähnt, sollte diese auch den original Farbton besitzen. Wer erkennt die Farbe? Die Audi-Farbe, welche eine von 9 damals wählbaren Farben war, nennt sich ''Steingrau-Metallic''. In den 80er Jahren eine denkbar schwere Wahl, wie ich mir vorstellen kann. Denn die Konkurrenz ging von ''Tornadorot'' über ''Tizianrot-Metallic'', bis hin zu ''Zermattsilber-Metallic''.

Einmal mit neuer Lackierung ausgestattet, ging es am Fahrwerk weiter. Der Urquattro bekam ein Gewindefahrwerk und die Querlenker vorn und hinten wurden mit PU-Buchsen ausgestattet.

Typ 85 Audi Urquattro Seitenansicht mit BBS Felgen

Man kann sich vorstellen, so stand das Coupe schon sehr gut da. Doch was fehlt noch am äußeren Erscheinungsbild? Richtig! Das richtige Schuhwerk! Bei der Wahl ging es Jörg um eine stilvolle Alternative zu den originalen Rädern. Klassisch,aber nicht zu übertrieben sollte es sein. Was passt

da besser als eine BBS-RS? Richtig! Nichts.

Jörg entschied sich für die Größe 8x17 und ließ die Felgen hochglanzverdichten. Der Außernring wurde poliert, sodass eine perfekt glänzende Optik ensteht! Für den neutralen Betrachter ein wahrer Augenschmaus! Doch für die Fotografen unter uns, kann es bei solchen Felgen definitiv auch mal

dazu kommen, dass man durch diverse Spiegelungen etwas länger braucht, bis man mit dem Endergebnis zufrieden ist!

BBS RS Felgen URquattro

BBS RS Felgen URquattro

Und wie viel ''Original'' steckt im Innenraum? Sehr viel! Der Dachhimmel wurde original gelassen und neu aufbereitet. Die originale Lederausstattung stammt von einem Vor-Facelift-Modell und wurde, mit original Lederresten, an den Sitzwangen ausgebessert. Die Farbe der Innenausstattung nennt sich

''Negro'' und verleiht dem Urquattro einen dezenten und eleganten Touch im Innenraum.

URquattro Armaturenbrett

Das 10V-Herzstück des Urquattro sollte nichtmehr lange an Ort und Stelle verweilen. Der Plan war, auf einen 20V Turbo umzubauen. Der Motor mit dem Kennbuchstaben AAN, wurde mit einer Ansaugbrücke vom Audi S6 C4 Baujahr 1994 ausgerüstet. Außerdem spendierte Jörg dem 5 Zylinder

einen Wagner EVO Abgaskrümmer, der durch eine komplette Eigenbau-Auspuffanlage in 63,5mm Durchmesser komplettiert wird. Der Vorschalldämpfer wurde in diesem Atemzug gleich mit weggelassen und das Hosenrohr thermoisoliert.

Man kann dazu nur sagen: Klingt sehr gut! Klassischer und unverkennbarer 5-Zylinder-Sound!

Um dem AAN ein wenig mehr Leistung zu spendieren gab es natürlich ein klassisches Chiptuning auf, wie Jörg mir erzählte, 280PS! Und diese 280PS gehen auch gut vorwärts. Zusammenfassend sei gesagt, man kann stilvoll und schnell um die Kurven jagen!

Urquattro 20V Turbo Motor

Was passiert noch am Urquattro? Die TO-DO-Liste ist nichtmehr allzu lang. Jörg widmet sich demnächst noch einmal der Elektrik und entkernt den originalen Kabelbaum. Und was steht sonst noch an? Fahren und Genießen! Ich denke, das hat sich Jörg, als auch der Urquattro redlich verdient!

Übrigens: Jörg's nächster Traumwagen wäre ein Audi 200 Avant Quattro mit einem 20VT!

BBS RS Urquattro

Und eines kann ich euch sagen: Wenn es soweit ist, werde ich Jörg definitiv wieder besuchen und das Schmuckstück ablichten!

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

2 Comments

Rated 0 out of 5 stars.
No ratings yet

Add a rating
Guest
Aug 06, 2023
Rated 5 out of 5 stars.

👍👍👍👍👍👍👍

Like
mariowuenschephoto
Aug 14, 2023
Replying to

:-)

Like
bottom of page